2016 - Die Pergola am Angersee

30. September bis 08. Oktober

Drei Plötzen und ein riesiger Hecht zum Auftakt

      Es ist Freitag und mein letzter Urlaubstag. Der letzte meines Lebens!, ab morgen bin ich Rentner. Das Auto ist fast leer, Zelte haben wir fürs Erste abgeschafft und um die Küche kümmert sich M. So komme ich gut kurz vor acht aus Bensberg heraus und bin mit dem Mittgsläuten am See. Von der Bank am Clubhaus grinsen mich J. und Ma. an, sie sind ein paar Minuten vor mir angekommen. D. und M. erwarten wir erst am späten Nachmittag. Unser Herbergsvater hat die Pergola gut aufgeräumt, also richten wir den Platz für die Küche, unsere Sitzecke und die Schlafplätze so ein, dass auch für D. und M. ausreichend Platz bleibt. Der Container ist noch bis Montag belegt von Ra. und Sv., zwei Angelfreunden aus Frankfurt Main, die sich auch schon vorne auf der Wiese eingerichtet haben. Wir besetzen die nächsten Angelstellen am Seeufer weiter südlich, ich mache meine Teleskopruten scharf und um zwei habe ich schon die erste Plötze gefangen. Das fängt ja gut an!

//01

      Vater und Sohn kommen noch so rechtzeitig, dass sie sich in der Pergola und am Wasser einrichten können, bevor B. zu uns stößt und der Wirt uns zum Essen ruft. Seine Angetraute hat ein leckeres Gulasch gemacht und gut gesättigt sind wir bei Einbruch der Dämmerung breit für das Pokalangeln. Vater und Tochter haben sich eine einfache aber effektive Punktewertung ausgedacht: Raubfische und alle Aale 10 Punkte, Karpfen und karpfenartige 5 Punkte, der Rest einen halben Punkt. Die allgegenwärtigen kleinen Buntbarsche zählen zum Rest. Nach Sonnenuntergang wird es schnell recht frisch und wir ziehen uns in die Pergola zurück, trinken Schnaps und Bier und belauern unsere Funkbißanzeiger. Plötzlich schrillt es wie eine Sirene durch das luftige Rund.
      Als ich an der Angelstelle von D. und M. ankomme, hat M. den Fisch schon ziemlich bis ans Ufer gedrillt. Dass es etwas großes ist, lässt der Schwall erkennen aber was genau? Erst im letzten Moment erkennen wir den riesigen charakteristischen Kopf: Esox ist in M.'s rafinierte Falle gegangen! - Gewogen und gemessen liegen ein Meter zehn bzw. neun Kilo Fisch zu unseren Füßen. Diese Nacht wird noch etwas länger dauern.

Fischers Fritz fängt frische Fische

      Am Samstag wird der Hecht filert. Von den Frankfurtern haben wir noch einen kapitalen Schuppenkarpfen bekommen, der wird gleich mit verarbeitet. Während weiter um den Pokal gerungen wird, stehe ich am Herd und brate den Fisch, was bei der Elektro-Kochplatte etwas länger dauert, als gewohnt. Dafür sind die Filets recht gelungen, abgesehen davon, dass B. etwas Salz fehlt. Der Fisch ist so reichlich, dass die Clubhaus-Wirtin für diesen Tag vom Kochdienst befreit wird. Es ist schon dunkel, da fangen D. und Ma. noch je einen Karpfen, Ma. auch noch einen - zugegeben winzigen - Aal, der aber als Raubfisch zählt und das wird Folgen haben.
      Auch am Sonntag ist das Wetter noch recht angenehm, wenn auch frisch. Die Fangergebnisse sind mäßig, gut nur, dass es gelegentlich noch unersättliche Barsche gibt. Essen gibts an Sonn- und Feiertagen schon um zwölf, das ist gut für mich, denn am Nachmittag rutsche ich am Seeufer aus, verstauche mir böse den rechten Arm und falle bis zum nächsten Mittag aus. B. hat inzwischen die Heizungen mit gebracht also haben wir es in den Abendstunden nicht nur trocken, sondern auch warm in unserer Pergola.
      Montag feiert Deutschland seine neu gewonnene Einheit und wir den Pokalsieger. Dank M.'s Schmerztabletten kann ich wieder am Wettkampf teilnehmen und werde auch bald mit einer schönen Karausche belohnt. Nach dem Essen können wir daher den folgenden Punktestand festhalten:

0

0

0

0

1

0

0

2

2

1

0

1

0

0

0

0

0

1

0

0

1

0

0

0

0

1

0

0

1

0

0

6

6

0,5

15

10,5

      Damit steht die Pokalsiegerin fest! Herzlichen Glückwunsch Ma. Wir können Dich die Cäsarin unserer Zunft nennen, denn Du kamst, sahst und siegtest nun schon zum zweiten Mal.

Kalte Tage und noch kältere Nächte

      Nach der Pokalverleihung müssen Vater und Sohn wieder nach Hause fahren, denn D. hat noch keine Ferien. M. wird aber am Freitag wieder kommen, um die Küchenkisten abzuholen. Die Frankfurter sind auch weg, deshalb ziehen Vater und Tochter nach vorne, an J.'s liebste Karpfenstelle. Am Ende werden wir wissen, dass es Ihm nichts genutzt hat, aber Ma. wird noch zwei dramatische Angelabenteuer erleben.

//02

      Mit etwas mehr Platz haben wir uns in der Pergola neu eingerichtet, Ma. ist in den Container umgezogen und unsere Sitzbank haben wir quer zur Wand gestellt, um die Wärme besser zu nutzen. B. hat Rotwein von der Postkellerei mitgebracht und ich habe eine Flasche irischen Single-Malt-Whiskey (Conemara) besorgt. So sitzen wir vier (Ma., J., B. und ich) zusammen, quatschen bis weit nach Mitternacht und warten, so lange es erlaubt ist, auf den dicken Fisch.
      Meine Basisstation meldet sich als erste mit einem kurzen, aber kräftigen Piepton. Das wars dann aber schon. Die Pose scheint mir etwas versetzt doch die Köder sind unversehrt. Die große Überraschung kommt, als wir gegen Mitternacht die Angeln eindrehen. Ma.'s Rute liegt neben dem Rutenhalter und alle Schnur ist von der Rolle abgespult. Was mag das gewesen sein? Es dauert etwas länger, bis die gut 200 Meter Leine wieder auf der Rolle sind und natürlich ist der Haken beim einholen auch mehrfach hängen geblieben.
      Trotzdem, dass er so weit aufgebogen ist, erklärt B. rigoros mit einem heftigen Wels-Anbiss, der die Rute sofort vom Bissanzeiger gerissen hat, was das so kurze Ansprechen meiner Basisstation erklärt, mit der auch Ma.'s Bissanzeiger verbunden ist.
      Ma. hatte mich noch bei der Kontrolle meiner Ruten begleitet, sich aber gleich wieder in die Wärme unseres Unterstands zurück gezogen, ohne auch Ihre Ruten zu kontrollieren. Wer weiß, vielleicht hätte Sie sonst in dieser Nacht noch den Waller Ihres Lebens gefangen.

Einmal ist Keinmal

      Aber aller guten Dinge sind zwei. Am letzten Abend mit B., der will am nächsten Tag zum Klassentreffen mit seiner Bademeisterklasse, bekommt Ma. die nächste Chance und dieses Mal achten wir genau darauf, welche Rute den Anbiss meldet. Als wir zur Angelstelle kommen, schnurrt die Leine mit Vehemenz von der Rolle und Ma. kann problemlos den Anschlag setzen. Dann muss Sie kämpfen! Die letzten Meter wollen die Arme nicht mehr. B. übernimmt die Rute, während J. mit dem Unterfangkäscher lauerte.
      Hätte er sich doch die Zeit genommen, um meinen Käscher zu holen! B. hat den wirklich riesigen Schuppenkarpfen schon am Ufer und J. ihn schon fast in seinem viel zu kleinen Käscher, da gibt's einen Schlag und der schon sicher geglaubte Fisch verschwindet in der Uferböschung. Und da bleibt er dann auch. Unsere einzige Trophäe ist ein aufgebogener Haken, wieder einmal. Die nachträgliche Prüfung der Hardware zeigt dann, dass alle Haken aus dem Päckchen so weich sind, dass selbst Ma. sie mit der Hand aufbiegen kann. Das ist ein Fall für den Angelspezi.
      Nun, das wars dann mit dem Raubfisch angeln am Angersee. Ma. und J. fahren am Nachmittag, M. löst sie am Abend ab. Aber auch in der letzten Nacht bleiben wir ohne Fisch. Immerhin alle zusammen hatten wir einundzwanzig Chancen einen Fisch zu fangen und wir haben sie (fast) alle genutzt.

      Die Pergola hat sich ein weiteres Mal bewährt und wenn B. auch dem Mannschaftszelt nachtrauert, es bleibt immer noch genug zum aus- und einräumen und ich bin für jedes Teil dankbar, das ich nicht bewegen muss. Im nächsten Jahr wollen wir es allerdings einmal im Sommer versuchen, dann will uns Ma. wieder begleiten. Von uns Männern braucht da wohl keiner auf den Pokal zu spekulieren!

Das Camp

      Das gut essen und trinken Leib und Seele zusammenhält, ist ein gut fünfhundert Jahre alter Aberglaube, in die Welt gesetzt von dem Mann, der nach eingenem Dafürhalten dem Volk aufs Maul geschaut haben will. Die erfahrene Nichtangler*in allerdings weiß, es ist das Trinken allein, das in Körper und Geist jene stimmungsvolle Lethargie erzeugt, die, und nur die, in jedem Fall sicher stellt, dass kein Fisch gefangen wird. Die notwendigen Voraussetzungen dafür werden im Camp bereit gestellt.
      Das Camp, ein vom deutschen Begriff 'Camping' abgeleiteter Anglizismus bezeichnet eine Ansammlung von sogenannten 'Zelten'. Ursprünglich waren das über ein Gestänge gespannte und im Boden verankerte Leinwände, ähnlich einem Gibeldach, das der Bauherr unter Verzicht auf ein tragendes Gebäude, direkt auf den Boden gesetzt hat. Davon zu unerscheiden ist die 'Jurte', einwe vornehmlich von Steppennomad*innen bnutze mobile Behausung, bei der Tierhäute über ein Gestänge gespannt und im Boden verankert werden, und die der Form nach eher einem gedeckelten Topf gleicht.
      Ein zeltartiger Unterstand ist nur wenig komfortabel, bietet in der Regel keinen Platz, um aufrecht zu stehen und schützt weder vor der Umgebungstemperatur, weil die 'Zeltleinwand' nicht isoliert und auch nicht gefüttert ist, noch vor Nässe, denn auch wenn es nicht regnet, bildet sich im Innern durch natürliche Körperausdünstungen der Einsitzenden bzw. -liegenden auf der Zeltbahn ein feiner Feuchtigkeitsfilm der nach kurzer Zeit ein Mikroklima erzeugt, das sich am besten mit dem eines tropischen Regenwaldes vergleichen lässt.
      Dem technischen Fortschritt ist es zu verdanken, dass ein Zelt moderner Bauart, einige der oben beschriebenen Mängel nicht mehr aufweist. In erster Linie zählt dazu, dass die Zeltwände nicht mehr spitz aufeinander zu laufen, sondern mit einer nur leichten Neigung, alos fast senkrecht aufgespannt werden, was zu einer ansehlichen aufrecht begehbaren Grundfläche führt.
      Im Idealfall entstehen so geschüzte Räume mit einer Grundfläche von 25 und mehr Quadratmetern. Als Material, ehemals Leinwand oder Baumwolle, finden heutigentags Kunstfasern Verwendung, die in der Lage sind, die im Innern entstehende Feuchtigkeit nach außen abzuleiten und die in der Umgebung auftretende Nässe, vulgo 'Regen' am Eindringen zu hindern.
      Achtet die 'Camper*in' (zeitgenössische Bezeichnung weiblicher oder männlicher Säugetiere der Gattung homo mobilitatis) bei der Anschaffung ihrer mobilen Behausung auf ausreichenden Innenraum, so ist genügend Platz für bequeme Sitzmöbel mit dazu passendem Tisch, eine gut gepolsterte und isolierte Liegestatt, eine mindestens zweiflammige Kochstelle, eine Heizung und angemessene Beleuchung.
      Im darauf spezialisierten Groß- und Einzelhandel, oft als 'Outdoor'- oder 'Expeditionsausstatter' beeichnet, werden dafür eine Vielzahl mehr oder weniger geeigneter Modelle angeboten. Die künftige Benutzer*in steht hier vor der Herausforderung, in jedem Einzelfall das Verhältnis von Design und Funktion genauestens zu prüfen und im Zweifelsfall einem geschmackvollen Design gegenüber einer sinnreichen Funktkionalität den Vorzug zu geben.
      Andererseits gilt, 'der bequeme Vogel fängt keinen Wurm', deshalb sollte die Disfunktionalität nicht so weit getrieben werden, dass sie die Bequemlichkeit beeinträchtigt. Angemessen temperierte, gerne auch alkoholisierte Getränke und fette, süße Speisen befördern die eingangs erwähnte Lethargie und so sollte dafür in jedem Camp ausreichend Sorge getragen werden.
      Ein letzter Blick noch auf das Camp in seiner Gesamtheit: Sehr zum Amusement der Beteiligten trägt bei, wenn die einzelnen Zelte so angordnet werden, dass die Leinen, mit denen die Zelte am Boden verspannt werden, ein enges Geflecht bilden, welches jede Person, die sich zwischen den Zelten bewegen muss, zu Fall bringt. Die dabei unvermeidliche Geräuschentwicklung in Verbindung mit den Lauten, die ohnehin immer zu hören sind, wenn Mensch*innen auf engem Raum zusammen kommen, befördert den angestrebten Mißerfolg bei der Fischwaid in erfreulich hohem Maße.

Die Angelstelle

      Aus dem vorgenannten Grund aber auch der schon zitierten Bquemlichkeit wegen, ist es angeraten, die Angelstelle möglichst nah beim Camp einzurichten. Als Grundausstattung an der Angelstelle empfehlen sich ein gut gepolsterter bquemer Stuhl mit verstellbarer Rückenlehne und ein Gestell zur Ablage der Ruten, ein so genannter 'Roddpot'. Die fortgeschrittene Nichtangler*in ergänzt die Rutenablage um so genannte 'Bissanzeiger'. Ähnlich wie die Motivglocke am Fotoapparat, die läutet, sobald ein Motiv sichtbar wird, erzeugt auch die Bissanzeiger*in ein lautes Geräusch, sobald ein Fisch den ausgelgten Köder aufgenommen, das heißt angebissn hat. Näheres dazu weiter unten im Kapitel 'Anbiss, Drill und Landung'.
      Jedes Kind weiß: 'bei Regen beißen die Fische besonders gut'. Obwohl die Stichhaltigkeit dieser Behauptung in Fachkreisen sehr umstritten ist, ist doch schon allein die Möglichkeit, dass es so sein könnte, ein Horror für die passionierte Nichtangler*in. Folgerichtig wird bei 'gutem Beiswetter' erst gar keine Angel ausgeworfen. Oft aber kommt ein Regenguss überraschend, so dass, insbesondere in unseren Breiten, ein Regenschutz an der Angelstelle unumgänglich ist und sei es nur, um den Angelstuhl trocken zu halten.
      Die kostengünstigste Lösund ist wohl ein zeltartiger Regenumhang, der sich platzsparend überall hin mitnehmen lässt und dessen Handhabung nur ein wenig praktischer Übung bedarf. Für unsere Zwecke besonders geeignet ist er deshalb, weil sein Gebrauch den Umgang mit dem Sportgerät deutlich verkompliziert und ein verstolpern beim Anhieb, siehe unten 'Anbiss, Drill und Landung', ungemein befördert.
      Die modebewusste Nichtangler*in wird dieser praktischen aber unförmigen Ergänzung ihrer Sportbekleidung allerdings eher ablehnend gegenüber stehen. In diesem Fall ist ein so genannter 'Angelschirm' das bevorzugte Mittel der Wahl. Insbesondere dem weiblichen Teil der Nichtangler*innen ist die Handhabung geläufig, funktioniert er doch genau so, wie der kleine Knirps aus der Handtasche. Ist keine Sportsfreund*in zur Stelle, um dem aufgespannten Knirps die Stange zu halten, lässt er sich mit ein paar gezielten Hammerschlägen im Erdreich fixieren, so dass die Hände frei sind, um im Fall eines Anbisses den Fangmisserfolg zu garantieren (siehe unten 'Anbiss, Drill und Landung').
      Der Bquemlichkeit an der Angelstelle am dienlichsten ist aber ein so genannes 'Angelzelt'. Der Begriff 'Zelt' wurde weiter oben schon hinreichend erläutert ergänzend sei hier nur noch angefügt, dass es Angelzelte in der Regel nur in diversen Grüntönen oder in Tarnfarben gibt. Dabei wären farbenfroh leuchtende Zelte auch hier äußerst zweckdienlich ist doch tarnen und täuschen keine Kernkompetenz unserer Zunft. Der wesentliche Vorteil dieser Ergänzung der Angelausrüstung liegt aber zum einen darin, dass sein*e Besitzer*in deutlich zur Schau stellen kann, dass keine Kosten gescheut werden müssen, seien sie auch noch so überflüssig. Zum anderen erfordert der Aufbau einiges an Bewegung und lautem Klopfen, das dem Fisch rechtzeitg zu verstehen gibt: 'an dieser Stelle ist in Zukunft Vorsicht geboten!'.
      Nicht verschwiegen sei aber auch der wirklich unschlagbare Vorteil eines Angelzeltes: Richtig aufgebaut und verschlossen hindert es selbst unerfahrene Nichtangler*innen daran, nach dem Signal der Bissanzeiger*in so rechtzitig an die Rutenablage zu gelangen, dass die Gefahr eines erfolgreichen Anhiebs (siehe unten 'Anbiss, Drill und Landung') besteht.
      Darüber hinaus gilt, je schwieriger es ist, an der ausgewählten Angelstelle das Ufer zu erreichen, desto größer ist die Chance einen versehentlich gehakten Fisch noch vor der Landung zu verlieren. Auch sollte vermieden werden, Hilfsgeräte für die Landung, wie Gaff oder Käscher, in Griffweite zu haben. Sinnvoll ist es dagegen, die Angel in kurzen Abständen einzuholen und, ohne dem Köder weiter Beachtung zu schenken, wieder so auszuwerfen, dass die wiederholten Würfe einen möglichst großen Bereich des Angelgewässers abdecken.

zur Fortsetzung hier klicken